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Ein bisschen doof aber auch

11. 11., keine Narren unterwegs, das heißt, wer weiß © Fritz-Jochen Kopka

11. 11., keine Narren unterwegs, das heißt, wer weiß
© Fritz-Jochen Kopka

Morgens beim Bäcker Bleche voller Pfannkuchen mit fetter Glasur, sehr bunt, sogar violett, Ähnlichkeit mit Eisbein irgendwie (Du isst die Schwarte nicht, das ist doch das beste! Nee, ich würde kotzen.), ich kapiere, 11. 11., Karnevalsauftakt, ein Mann stellt sich eine schöne Kollektion zusammen, da scheint eine Firma feiern zu wollen, der Kunde hinter ihm gibt entnervt auf und verlässt den Laden unter stummem, aber deutlichem Protest. Ich nehme auch einen Pfannkuchen. Aber einen normalen!

Ein DHL-Auto steht vor dem Haus, gleich wird’s klingeln, das Paket ist lange überfällig, aber das Fahrzeug fährt weg. Wenig später erhalte ich die Mail: Ihr Paket konnte nicht zugestellt werden. Sie können es im Paketzentrum abholen. Im Briefkasten steckt nicht mal eine Benachrichtigungskarte. Im Moment regt man sich über die DHL mehr auf als über Donald Trump.

Die Rosenthaler Straße ist verstopft. Zu allem Überfluss heult ab und zu auch noch ein Rettungswagen dazwischen, die Radfahrer, wir wissen, das sind keine Feinen, bahnen sich ihren Weg und in all dem Abgasdreck absolviert auch noch eine Joggerin ihr Programm. In einer vietnamesischen, ich sag mal, Kantine, brechen vier Girls, die vorne in einer Nische sitzen, in Abständen in markerschütterndes Gelächter aus. Die Gäste erstarren vor Schreck, wenden sich wieder ihrer kross gebratenen Ente zu und erstarren abermals. Wo haben sie oder Sie so lachen gelernt.

Hackesche Höfe am Abend. Stehen Sie doch bequem

Hackesche Höfe am Abend. Stehen Sie doch bequem!

In einem Café, ich seh es durch die Scheibe, sitzt ein einsamer Wolf an einem Tisch und fertigt ein Selfie an. Das kann doch wohl nicht wahr sein, denke ich im Weitergehen. Ich drehe um, mache die Kamera startklar und schaue wieder durchs Fenster. Da hat der Wolf die Maske abgenommen und ist eine Frau von fünfzig Jahren. Die setzt sich also ins Café, stülpt sich diese Maske über, macht ein Selfie und schickt es dann irgendwem, echt witzig.

Bei Muji, dem japanischen Kaufhaus, haben sie neuerdings so ausgestopfte Ballons, irgendwas zwischen Sessel und Liege, ich kann mir nicht vorstellen, dass die bequem sind, aber da sitzen liegend oder liegen sitzend hoffnungsvolle Kader, bearbeiten ihre Smartphones und lächeln selig.

Nicht so schüchtern wie gedacht

Nicht so schüchtern wie gedacht

Seit einiger Zeit regen sich die Feuilletons darüber auf, dass der alte Woody Allen, statt zu sterben wie Leonard Cohen oder Ilse Aichinger, jedes Jahr einen neuen Film dreht. Wozu die Aufregung. Das sind doch keine Steuergelder, jedenfalls nicht eure, er bekommt das Geld zusammen, er hat eine Idee, die Schauspieler spielen gern bei ihm, und auch dieser Film, „Café Society”, ist charmant, man fühlt sich gut unterhalten. Es geht um den jungen Bobby Dorfman (Jesse Eisenberg), der nach Hollywood zieht in der Hoffnung, dass ihm sein Onkel, Phil Stern (Steve Carell), ein Tycoon im Filmgeschäft, einen Job im Filmgeschäft verschafft. Vonnie (Kristen Stewart), Sterns Sekretärin, kümmert sich um den jungen Mann, der nicht so schüchtern ist, wie es zunächst ausschaut. Und der Onkel ist nicht so ein harter Typ, wie man es von einem Tycoon erwartet. Er hat ein Verhältnis mit Vonnie, und Vonnie ist durchaus nicht so berechnend, wie es sich eigentlich gehören würde, sie verliebt sich nämlich auch noch in Benny. Der Film erzählt, wie es ist, wenn man Geheimnisse ausplaudert, ohne zu wissen, dass man Geheimnisse ausplaudert. Im Dialog erfährt jeder aus der Dreierkoalition die ganze Wahrheit über sich und den jeweils Abwesenden. Das hat Woody Allen richtig gut hinbekommen. Als nach einer knappen Stunde alle Karten auf dem Tisch liegen, geht dem Film die Luft aus. Das macht aber nichts, weil Woody Allen immer noch die eine oder andere Arabeske bereithält. Ich weiß nicht, ob der Regisseur auch einkalkuliert, dass hinter einem diese typischen Knie-in-den-Vordersitz-bohren-Leute sitzen, die sich so hartes Popcorn mitgebracht habe, dass man glaubt, ihre Zähne zerbersten. Wenn das Licht wieder angeht, sehen diese Leute eigentlich ganz unschuldig aus. Aber auch ein bisschen doof.

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