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Archive for Mai 2022

Herrentage in Zeiten des Kriegs

Ziehst du dir lustige Sachen an zum Herrentag?
Ich besitze keine lustigen Sachen. Anders als du. Du hast nur lustige Sachen.
Man sollte manche Fragen lieber nicht stellen.

Ein bisschen Herrentag am Alexanderplatz
© FJK

Der dicke Mann und das Bier

Schlange stehen und sitzen

Weil Christi Himmelfahrt und Herrentag ist, dauert das Radio-Interview mit Ingo Schulze, der sich über die Einladung freut, ganze zwei Stunden: Ingo Schulze, der auch die Stimme der Ostdeutschen genannt wird, was ihm nicht behagt. Man sagt ja einem West-Schriftsteller auch nicht nach, dass er die Stimme der Westdeutschen sei. Sagt man zu diesem Tag nun Vater-, Herren- oder Männertag? Wahrscheinlich eher Herrentag, aber eine fundierte Meinung dazu kann kein Mensch haben. Man hört bei Ingo Schulze noch das Dresdnerische heraus, aber er wohnt schon lange in Berlin, und er ist auch bereits mit der zweiten Westfrau verheiratet, was befremdlich wirkt, aber bitte, wenn es sich nun mal so ergibt. Das Gespräch ist nachdenklich und anregend, man spricht auch die Ambivalenz der ersten Sätze in Romanen, über das liebe Geld, das böse Geld. Und jetzt haben wir noch was Anderes vor.
In den Bahnen sitzen garantiert einige Helden ohne Masken, das heißt, sie kommen sich wie Helden vor. Was man vor zwei Jahren nicht gedacht hätte: Unsereiner hat sich an die Maske gewöhnt. Man vergisst eher, sie abzuziehen als sie aufzusetzen.
Ich hatte noch nichts gegessen. Im Imbiss am Alex haben sie die Rubrik „Kleine Fish ’n Chips“ eingeführt, für 5,90, das Geld rinnt einem zur Zeit nur so durch die Finger, aber wir sind ja verpflichtet, uns zu ernähren. In der Mitte des Platzes findet die erste und einzige Herrentags-Aktion statt. Auf einem Abfallbehälter steht ein dicker Säufer in einem pinken Tutu-Kleidchen und einem Mieder, umringt von seinen Kumpanen und deren Gebrüll. Sie ergreifen ihn an Schultern, Rücken und Beinen und heben ihn waagerecht in die Höhe, der Schwebende vom Alexanderplatz. Danach wissen sie auch nicht mehr, was sie noch anstellen könnten.
Am Bahnsteig der U 2 taucht Verheugen auf, pünktlich, aber missmutig, weil er sich heute auf den Mauerpark und weitere Ungewissheiten einlassen muss, aber erstmal sind es nur drei Stationen. Die Maske ist zu klein für seine Nase. Ich muss ja auch noch atmen.
In seiner anhaltinisch-ländlichen Kindheit nahmen ihn die Männer am Herrentag mit in die weite Flur. Sie sangen nicht nur und tranken nicht nur Bier, sondern begutachteten auch den Stand der Aussaat, das frische Grün. Das war schön, sagt Verheugen, der selten etwas Positives über seine Kindheit sagt. (Bist du als Kind jemals in den Arm genommen worden? Ich nicht.) Wir gehen vorbei an den Sportlern im Käfig. Am Zaun des Mauerparks stehen zwei leidlich junge Männer und schlagen stolz ihr Wasser ab; das könnte man als zweite Herrentags-Aktion werten. Im Mauerpark wird heute hauptsächlich gemalt, gegrillt und Rollschuh gelaufen. Wir finden einen Innenhof, setzen uns auf die Holzbänke und trinken Pilsner Urquell. Wir reden über Ingo Schulze und die Besitzlosigkeit der Ostdeutschen an Grund und Boden, die nach der Einheit aus ihren Wohnungen vertrieben wurden und auch noch die Renovierung bezahlen mussten. Coole Burschen steigen auf teure Fahrräder, die astronautisch aussehen.
Weiter in Richtung Oderberger Straße. Eine sportliche Radfahrerin verliert ihre Tasche und reagiert nicht auf die Zurufe des Finders, weil sie fürchtet, angemacht zu werden. Es wird weiter hinter ihr her gebrüllt, bis sie checkt, dass es um was Ernsthaftes geht und umkehrt. Nun sind Freude und Dankbarkeit groß. Es war ja alles drin, in der Tasche, Handy, Ausweis und Geld. Auch Sportler müssen mal anhalten, sagt Verheugen.
Die Oderberger war eine der originellsten Straßen in Ostberlin, was schon damit zusammenhing, dass da die Welt zwecks Mauer plötzlich zu Ende war. Es gab die Feuerwache, das berühmte Stadtbad, die eigenwillige Kneipe Oderkahn und Jimmy Schütz’ Kurzfilmfestival, teils in seiner Wohnung, teils auf der Straße. Der ABV konnte jeweils besänftigt werden. Jetzt ist die Straße eine Kneipen-Zeile, einige der Kneipen finden durchaus Gnade vor Verheugens Augen. Er entdeckt einen Späti und kauft sich eine kleine Flasche Korn für den späteren Abend daheim. Wir biegen in die Kastanie ein, freuen uns, dass es das Schwarzsauer („Bier und Cocktails in geselliger Atmosphäre in zwanglosem Lokal mit Terrasse“) noch gibt. Die Service-Frau ist sehr nett, aber sie hat Kummer, glaube ich. Sei nett zu ihr, sage ich, und Verheugen dankt ihr, als sie das Bier bringt, mit einem Verführer-Lächeln. Jetzt ist Zeit, um über die Kurzgeschichten von Bernard Malamud und einen Reisebericht von Daniil Granin sowie über das kurze, glückliche Leben des Almanachs „ad libitum. Sammlung Zerstreung“ vom Verlag Volk und Welt zu reden. Es ist sechs. Verheugen sieht sich nach einer Bratwurst um. Das Gelände der Kulturbrauerei ist weitgehend leer, die imposanten alten Gemäuer. Vorm Maschinenhaus aber stehen und sitzen sie an, wahrscheinlich seit Stunden. Es könnte um ein Konzert von Gracie Adams oder um eine Lesung von Don Winslow gehen. Endlich sind wir am Kollwitzplatz, setzen uns unter einen Radeberger Schirm und sehen zu, wie ein Feiertag ausklingt. Ein Paar zieht aus. Die Frau und der Mann, beide blutjung, tragen in unerschütterlicher Ruhe Möbelteile und Kartons zum Auto. Es gibt zwar keine Bratwurst hier, aber Hähnchen-Spieße mit Pommes. Selten, das man kein Gemüse mitessen muss. Zum Herrentag passt’s ja. „Vielen Dank für Ihren Besuch. Sicherheitseinrichtung ausgefallen“, steht auf der Rechnung. Davon haben wir nichts bemerkt. Vom Herrentag eigentlich auch nichts. In den Zeiten des Kriegs fehlt die Lust zu bunten Ausflügen, lustigen Klamotten und hemmunsgloser Fröhlichkeit sowieso. Es gibt vieles, das so schnell nicht wiederkommt.

A Weekend in May

Wo sind wir? Ach, weiß schon. Zwischen Kreuzberg und Mitte
© FJK

Wir haben den letzten Spieltag. Die Luft ist raus. Die meisten Entscheidungen längst gefallen. Felix Magath, der alte Fuchs, muss zusehen, wie die Hertha, die ihm in höchster Not in die Hände gefallen ist, noch auf den Relegationsplatz abrutscht. Dümmer hätte es nicht laufen können, und ein paar Mal, als sich alles gegen ihn wendet, sieht Felix schon ein bisschen altersheim-mäßig aus, aber kaum ist die Lage eindeutig, freut er sich auf zwei brisante Extra-Spiele vor voller Hütte, und man hat ja gerade gegen den BVB gezeigt, dass man ein Erstligist ist. So geht positives Denken. Wenig später gibt’s den nächsten Wettbewerb, den Europäischen Song Contest. Wir wissen schon längst, dass die Ukraine gewinnen wird, und das ist auch verdient. Folklore, Pop und Rock, Kalush Orchestra, ein bunter wilder Haufen, der singen, tanzen und kämpfen kann. Die Ukraine gewinnt nicht, weil sie das überfallene, das heroische Volk ist, sie gewinnt, weil sie wirklich gut ist. Der Mythos kann dabei nicht schaden. Am nächsten Tag titeln die Medien. Ukraine siegt, Deutschland Letzter. Oder auch: Der deutsche Beitrag landet wieder mal auf dem letzten Platz. Da ist auch viel deutscher Selbsthass dabei. So schlecht war Malik Harris nicht, dass ihm die Jurys keinen einzigen Punkt geben mussten, da gab es viel nervendere Beiträge; und außerdem ist das ein ganz sympathischer Junge. Ein bisschen ehrpusslig war die Idee vielleicht, sein auf der Bühne aufgebautes Studio, in dem er zeigen konnte, wie viele Instrumente er spielt. Wir Deutschen sind in Europa nicht beliebt, dafür erwartet man im Umkehrschluss viel von uns. Auch beim ESC sind wir der größte Geldgeber, deshalb kommen wir auch ohne Halbfinale in den Endkampf, was zumindest bei den ausgeschiedenen Ländern schon mal böses Blut machen könnte. So offen kann man die Antipathie gegen die allzu tüchtigen Deutschen nicht zeigen, deshalb müssen’s nun die Schlagersänger ausbaden. Man sollte diesen deutschen ESC-Teilnehmern schon vorab sagen: Ihr werdet ganz hinten landen, wahrscheinlich Letzter werden. Das müsst ihr nicht tragisch nehmen. Es gilt nicht euch; es gilt uns, den Deutschen. Damit sie nicht Schaden nehmen an ihrer Seele, und sich vielleicht auch einen griffigeren Künstlernamen zulegen.
Am Sonntag gewähren wir armen Hansa-Rostock-Schweine dem HSV den Aufstieg in die Relegation gegen die Hertha. Wir machen das 1:0, verlieren dann ein bisschen den Zugriff, am Ende 2:3, obwohl wir schon längst gerettet sind, haben wir kein schlechtes Spiel gemacht, unser Team hat Charakter. Es tut schon weh., dass Spieler wie Bentley Baxter Bahn, Nik Omladic, Calogero Rizzuto und Danylo Sikan den Verein verlassen oder verlassen müssen. Gute Jungs, denen wir eine Träne nachweinen, auf jeden Fall.
Am Sonntag ist Wahl in NRW. Schön, wie Amtsinhaber Wüst mit Kinderwagen und Bodyguards zur Urne spaziert. So macht man das. Im Rededuell soll man den SPD-Rivalen Kutschaty auf eine Kiste gestellt haben, damit der nicht so klein wirkt neben der Bohnenstange Wüst. Sowas bringt keine Punkte. Auch hat Kutschaty (mir drängt sich immer Kurschatten auf) sich allzu brav beim Bundeskanzler für dessen Engagement in NRW-Wahlkampf bedankt; das ist zur Zeit kontraproduktiv. Die SPD mit ihrem schlechtesten Ergebnis im größten Bundesland, und auch die FDP schmiert ab, arme Ampel. Von der Linkspartei redet schon keiner mehr. Abends der Polizeiruf aus München mit der noch relativ neuen einfühlsamen Kommissarin. Man will die Sache am Anfang möglichst rätselhaft gestalten und bleibt dafür am Ende ziemlich unklar. Oh Mann, es rennen ziemlich viele irre Typen rum in diesem unbeliebten Deutschland. Da wird man zum Patrioten und fragt unwillkürlich, was man für sein Land tun kann.

Der Kosmos seufzt

Vorjahrescollage Juli – August -September

So lang das Lämpchen glüht
© ElJa

Der Deutsche steht als eine Art referierende Kugel an seinem Zweithaus. Vielleicht ist das unter anderem seine Qualität. Er ist ja wohl sehr selbstbezüglich. Mit den Frauen hatte er kein Glück, bis er sich für diese Ärztin entschied. Die jungen Angeber mit ihren apodiktischen Urteilen. Männer sind zu ihren Frauen toleranter als Frauen zu ihren Männern. Wir haben eine Verwandtschaft zwischen Anton Tschechow und Alice Munro festgestellt. Sie sitzen da in ihrer Scheune und haben kaum noch was zu essen. Ich kaufe nicht ein. Ich schick meinen Mann. Aber so sind wir nun mal. Die schlugen sich gut und scheiterten an der Elfenbeinküste. Ich glaube kaum, dass die Grünen das Klima retten. Je dunkler die Originalhaare, desto schwieriger das Blondieren. Der Doktor wird von Chinesen aufgegriffen und gerettet. Was soll ein Genie in dieser Welt. Beim Mexikaner waren ihm die Tische zu schmuddelig. Dass es für solche Körper noch Jeans gibt! Die Geburtsurkunden zweier vaterloser Mädchen. Sie überlegte kurz und sagte dann: Bulgarien!? Vor dem Bahnhof saß der Obdachlose, der die Vögel füttert. Im Altersheim wird seine Musik anerkannt. Das nennt man gelungene Integration. Das Wort Geschlechterkampf hat bei meiner Frau einen hohen Stellenwert. Fahrtmöglichkeiten nach aktueller Verkehrslage. Ich schicke drei Botschaften in die Welt und ernte Schweigen. Handy weg, Fahrrad weg, noch was weg. Wir finden keine Monteure. Das hat auch Armin Laschet bemerkt. Ich hoffe nicht, dass ich dich richtig verstanden habe. In den hohen Bäumen sammeln sich die Vögel für den großen Flug.

Der Himmel ist inkontinent. Von Demenz wollte sie nicht sprechen. Alles Böse kommt vom Fußball. Heute ist das große Suppenhuhn an der Reihe. Traurig bin ich nicht, denn ich habe genug Prügel in den jungen Jahren von ihm bekommen. Tagsüber hat sie Besuch von Kindeskindern, die schon das Haus in Besitz nehmen. Da wohnte früher der Stasimann. Einer gibt immer dem anderen die Schuld. Sie tranken noch einen Tee und stiegen in einen Cooper Mini. The curly hair of the friend is the chain of the trap of problems. Da war noch eine zweite Frau mit lustigen Zähnen. Sie könnte dein Beuteschema sein. Ich habe so viele Idioten am Straßenrand gesehen. Man sieht dicke Menschen, einen überdachten Swimmingpool und einen großen Fernseher. Lassen Sie meine Frau in Ruhe! Sie ist kein Mensch für die Großstadt, aber in den Bergen singt sie. Die wollen uns weghaben. Das wollte Jesus nicht. Bin auf der suche nach scherenschleifern in rom bei deinem tagebuch gelandet. Die Rente steigt unmerklich an. Unter der hohen Luftfeuchtigkeit leiden besonders die Intellektuellen. Es wurde den Grünen immer leicht gemacht. Das Wasser hat Ortschaften vernichtet (während wir noch an einen Dürresommer dachten). Elke S. im Deutschlandfunk Kultur als alte weise Frau mit Mädchenstimme

Der unverschämte Sachse Veselsky mit seinen Lokführer-Streiks. Wahrscheinlich kann er auch Kanzler. In den Spielern waltet noch viel Löwscher Geist. Die wurden mir langsam zu kapitalistisch. Feuer in der Feuerschale. Der Kosmos seufzt (es sind aber Großmaschinen). Ein Land, das so reich ist wie die Bundesrepublik, da dürfte keiner auf der Straße liegen. Meine Frau hat sich gesund telefoniert. Im allgemeinen aber ziehe ich doch vorwiegend den Hass von mittleren Intellektuellen wie Ludwig Marcuse und Kesten auf mich, die einfach die Tatsache, das sie meine Sachen nicht verstehen, für ein Argument halten. Sie kam frisch aus Sachsen und fing sofort an zu berlinern. Man sieht ihn kaum noch, aber er lebt. Das sind Idioten, die erreichen gar nichts. Erst als Verheugen das Fenster öffnete, flog der Falke davon. Edda Moser macht in Klassik, Pop et cetera Udo Lindenberg und Goethe zur Sau, lobt aber Helmut Kohl und Georg Kreisler. Dein Beitrag verstößt gegen die Gemeinschaftsstandards in Bezug auf Spam und wird daher niemand anderem angezeigt. Alle Gärtnerinnen hassen ihre Männer. Ihr depressiver Schwiegersohn hat sich aufgehängt. Das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Danke für Ihre Ehrlichkeit. Wir wählen die Kandidaten der Nationalen Front und hören Theodorakis-Lieder.

Zitate: Norbert Schürmann, Hafis, Tony Martin, Zuckernase Lenk, Bettler am Alex, Peter Wawerzinek, Hasso Mansfeld, Helle Coppi, Deborah Hanley, Berliner Verkehrsbetriebe, Meister Weitzenbürger, John Erpenbeck, Theodor W. Adorno, Eugen Verheugen, Facebook, Bäckersfrau

A Little Horror Press Review

Auch die BSR weiß nicht, wie es weitergeht
© FJK

Trotz alledem und alledem ist der Botschafter Andrij Melnyk ein Aufmerksamkeit verdienender Typ. Es geht um das Konzert, dass der Bundespräsident als ein Zeichen des Friedens mit russischen und ukrainischen Künstlern veranstaltete. „Darin liegt eine Provokation, die Sie nicht verstehen können”, sagt er dem FAZ-Interviewer Simon Strauß. „Und das kann ich auch nachvollziehen, denn Sie erleben diesen Krieg nicht mit eigener Haut.” Da trifft er ins Schwarze. Viele Leute bei uns gebärden sich so, als erlebten sie diesen Krieg mit eigener Haut. Auch wenn man dazu im Innersten bereit wäre: Es ist nicht möglich.

Spiegel online (Spon): Sie können in Deutschland schneller ein Bordell aufmachen als eine Frittenbude. (Dietmar Roller, NGO International Justice Mission IJM) Es ereignet sich, dass Menschenfänger auf den Bahnhöfen aufkreuzen, um ukrainische Frauen und ihre Töchter anzulocken, die zur Prostitution gezwungen werden sollen. Besonders attraktiv ist das kleine Privatbordell mit zwei bis drei Ukrainerinnen.

Die peinliche Asche-aufs-Haupt-Streuung hat nichts genützt. Die grüne Familienministerin Anne Spiegel ist zurückgetreten, auch wenn ihr Mann einen Schlaganfall hatte. Sie war deutlich überfordert und hat offenbar schlechte (oder böswillige) Berater.

Goldene Baerbock-Sätze: Niemand ist Russlands Hinterhof.

Eine gewisse Lisa Paus wird neue Familienministerin. Sieht auch sehr familienmäßig aus und christlich außerdem. Und das, obwohl die Kirchenmitglieder inzwischen und erstmals eine Minderheit in Deutschland sind.

Baerbocks leichte Sprache: „Wir sehen euch. Wir hören euch. Und wir haben eine Verantwortung dafür, dass dieser Hurrikan von Krisen irgendwie in den Griff bekommen wird.“

Habeck und Baerbock sollen laut Umfragen zur Zeit die beliebtesten Politiker in Deutschland sein. Ich kann nicht glauben, dass die Deutschen so blöd sind. Vielleicht ist es Masochismus. Da ist mir Anne Spiegel fast noch lieber. Sie wollte ja auch nur Karriere machen und deshalb nie nein sagen. „Ich will doch nur Karriere machen.”
Spon: Unfall auf A 31 bei Lathen: 5300 Hühner verbrennen in verunglücktem Lkw. Wie kann man den Spiegel-Leuten erklären, dass eine solche Überschrift in diesen Zeiten einer Selbstdemontage gleichkommt!

„Es ginge uns allen besser, wenn die Welt von Giraffen regiert würde!” Fran Lebowitz, FAZ-Magazin April, 2022

Spon: „Putin muss geglaubt haben, er könne mit dem Westen alles anstellen.”
Zunächst hat aber der Westen geglaubt, er könne mit den Russen alles anstellen. Nachdem die sich 1989 in historischen Dimensionen einsichtig gezeigt haben.

Wolfgang Höbel bei Spon: „Gerhard Schröder beweist, wie wichtig feministische Außenpolitik ist.” Und seine Kollegin Anna Clauß: »Schröders Beispiel zeigt, zu was für schlimmen Ergebnissen die alkoholgeschwängerte Politik-Kumpelei führt.« Männer, Alkohol, Politik – alles eins.

Man staunt über den alten Zausel (Gauland) von der AfD, was der für eine realistische Einschätzung zur Lage in der Ukraine abgibt, und man staunt auch über die Blauäugigkeit der Kommissions-Präsidentin und Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen, deren Kinder, wie sie strahlend verrät, selbstverständlich nicht bei der Bundeswehr sind. Die Bundeswehr, Landesverteidigung etc. ist was für einfache Menschen.

Spon: Merz fährt im Schlafwagen nach Kiew / Strack-Zimmermann fordert Melnyk-Entschuldigung
Mit dem Schlafwagen in der Krieg. Das Schreckliche und das Lächerliche beieinand’.

„Brasilien, Russland, Indien und China galten lange als die Märkte der Zukunft. Was für ein Irrtum!”
„Nie wieder Krieg – dieses Mantra hat Deutschland seit 1945 vor allem auf sich selbst bezogen. Welch ein Irrtum.”
Zweimal in der FAS vom 1. Mai. Was für ein Irrtum scheint die Floskel der Stunde zu sein, noch mehr als das Wort von der Zeitenwende, aber eng damit verbunden. Soll heißen: Wir sind jetzt in der realen Realität angekommen, nicht mehr der eingebildeten Realität verhaftet. Wir von den Medien haben es ja schon immer gewusst, aber ihr gewöhnlichen Menschen, die ihr uns ja immer weniger kauft und zur Kenntnis nehmt, ihr habt euch Illusionen hingegeben. Der Satz der Stunde ist indessen der Aufschrei: Man weiß es nicht!!! Damit kann man sich gut von allen Alleswissern absetzen.

Donnerstag zwischen halb vier und sechs

Maler, Galeristin, Sammler, Enthusiasten
© FJK

Kleine Porträts von Nina Schneider

In der S-Bahn klagte eine junge Frau ihr Leid, vermutlich Liebeskummer, und heulte dabei. Die fremde Frau neben ihr steckte ihr ein Papiertaschentuch zu. Weibliche Solidarität. Welcher Mann würde das mit welchem Mann tun. Vor den City-Restaurants saßen die Leute mit modischen Getränken. Mai-Sonne im April.
Vor der Coppi-Galerie zögerte eine Frau hineinzugehen, weil sie noch auf ihre Freundin wartete. Es sah so aus, als wären wir zu früh gekommen, aber die Eröffnung der Ausstellung „Papier Positionen” mit Arbeiten von fünfzehn Künstlern sollte von 16 bis 20 Uhr währen, da verläuft sich vieles, und Helle Coppi hatte keine Ansprache, aber Wasser und Weißwein geplant. Man konnte sitzen, man konnte stehen, man hatte viel zu sehen. Kunst auf Papier wird unterschätzt, wenn man die Ausstellung betrachtet, fragt man sich warum. Für den naiven Enthusiasten macht es nichts aus, ob das Bild, in das er sich verguckt, auf Papier oder auf Leinwand gemalt ist. Wir standen gleich zwischen den Bildern von Ellen Fuhr und Herta Günther, deren Frauen bei aller Misere doch mehr Fassung bewahrten als die Frau gerade eben in der S-Bahn. Wenn ich auch nicht solvent bin, fragte ein gewisser Verheugen, den wir das erste Mal in dieser Galerie erblickten, was kostet ein Bild wie dieses? Es war ein Aquarell, in dem sich die Formen in verschiedenen Grüns auflösten. Solche Auflösungen scheinen doch das zu sein, was Verheugen schätzt.
Zu aller Freude erschien bald auch der wohl wichtigste Maler der Ausstellung in seinen Neunzigern und traf auf einen ihm bis hierhin unbekannten Sammler, der sich glücklich schätzt, ein Atelierbild von Harald Metzkes zu besitzen und wissen wollte, ob es von dieser Art noch mehr gäbe.
Fünfzehn Maler und ihre Arbeiten auf Papier – zwischen diesen Wänden würde man gern eine Weile wohnen. Als wir gingen, beleuchtete die Mai-Sonne des April den frühen Abend. Wir fanden in Berlin Mitte keine Kneipe, wo man ein künstlerisch wertvolles Bier hätte trinken wollen, alles war geschlossen oder irgendwie abgehoben. Die Wiedergeburt der Berliner Eckkneipe wäre geboten.